Zusammenfassung der Diplomarbeit von Michael Vanicek an der Mathemathisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Kiel 1993 Thema: Räumlich-zeitliche Änderungen in "Control Volumes" - Vergleich von Ergebnissen des hochauflösenden Nordatlantikmodells (CME) mit Beobachtungsdaten I. Ziel Im Rahmen des World Ocean Circulation Experimentes (WOCE) wurden wirbelauflösende Modelle entwickelt, und es wurde gleichzeitig angestrebt, Daten zu sammeln, um diese Modelle testen zu können. Der Test eines Modells der großräumigen ozeanischen Zirkulation besteht darin, daß die Hauptkomponenten der Zirkulation in ihrer Form, im Volumentransport und in ihrem Verhalten beim atmosphärischen Antrieb richtig wiedergegeben werden. Im Falle des Nordatlantiks betrifft dies vor allem den Golfstrom, die Rezirkulationsgebiete des Subtropenwirbels, den Nordatlantischen Strom und die Zirkulation im Osten. Der Ziel dieser Arbeit war die Erfassung jahreszeitlicher Veränderungen und deren Vergleich mit Modellergebnissen. II. Zusammenfassung Grundlage der vorliegenden Arbeit war der Ansatz des World Ocean Circulation Experimentes (WOCE) für die "Control Volumes", also die Untersuchung der Dynamik in Gebieten des offenen Ozeans, die größer als die Skala der mesoskaligen Wirbel und kleiner als die Skala des Subtropewirbels sind. Zur Vorbereitung von "Control Volume"-Beobachtungsprogrammen sollte geprüft werden, ob sich für solche Gebiete im östlichen Nordatlantik aus vorhandenen hydrographischen Daten zuverlässig räumlich-zeitliche Änderungen der Schichtung ermitteln lassen und ob die Variabilität adäquat durch das CME-Zirkulationsmodell simuliert wird. Dabei ist eine höhere horizontale Auflösung als im stark geglätteten Datensatz von Levitus (1982) erforderlich, also die Bearbeitung von Originaldatensätzen. Es zeigte sich schnell, daß die vorhandenen Datensätze nicht ausreichen, um zwischenjährliche Änderungen zu erfassen. Für einige Gebiete im Bereich der Azoren und des Iberischen Beckens stehen jedoch für den Tiefenbereich bis etwa 2000 m genügend Daten zur Verfügung, um mit guter räumlicher Überdeckung aus Quartalsmitteln den Jahresgang zu erhalten. Es wurde ein rechteckiges "Control Volume" in der Region des Azorenstroms zwischen den Azoren und Madeira ausgewählt, das große Teile des für WOCE vorgeschlagenen "Control Volume AR 11" enthält. Durch das CME-Modellgitter war eine horizontale und vertikale Auflösung vorgegeben. Um die Beobachtungsdaten auf diese Gitterabstände zu interpolieren, wurde in der Vertikalen eine Lagrange- Interpolation und in der Horizontalen die Objektive Analyse verwendet. Für eine optimale Durchführung der Objektiven Analyse war eine Untersuchung der Korrelationsskalen erforderlich. Die Beobachtungsdaten waren dafür wegen ihrer ungleichmäßigen Verteilung nicht gut geeignet. Die Korrelationsskalen wurden deshalb an Modelldaten in Abhängigkeit von der Tiefe bestimmt. Sie sind deutlich anisotrop, mit Werten um 230 km zonal und 100 km meridional. Der auf die Modellgitterabstände interpolierte Beobachtungsdatensatz konnte dann zum Vergleich mit dem Modelldatensatz herangezogen werden, und zwar in Bezug auf die mittleren Vertikalprofile, den Jahresgang der Schichtung und die räumliche Struktur ausgewählter Wassermassen bzw. Frontstrukturen. Die mittleren Vertikalprofile von Temperatur und Salzgehalt zeigen im ausgewählten "Control Volume" erhebliche Abweichungen einmal in der Deckschicht, wo im Modell eine viel stärkere Abkühlung im Winter auftritt, und im Tiefenbereich des Mittelmeerwassers, wo vor allem die Salzgehalte im Modell zu niedrig liegen. Der Jahresgang der Deckschicht reicht im Modell in größere Tiefen. Offenbar ist der verstärkte Jahresgang im Modell eine Folge der fehlenden windbedingten vertikalen Vermischung durch ein entsprechendes Deckschichtmodell. In weiteren, in dieser Arbeit aber nicht untersuchten Modell-Experimenten wurde bereits eine einfache Parametrisierung der windgetriebenen vertikalen Durchmischung nach Camp und Elsberry (1978) eingesetzt. Die Tiefe der sommerlichen Deckschicht beschränkt sich im Fall ohne Deckschichtmodell wegen der fehlenden vertikalen windgetriebenen Durchmischung lediglich auf die oberste Modellschicht. Der turbulente Wärmeleitungskoeffizient allein kann die diffusive Durchmischung der Deckschicht in einer angemessenen Zeit- skala nicht bewirken. Nach einer einfachen Skalenüberlegung mit der Wärmeleitungsgleichung würden etwa 10 Jahre gebraucht, um eine 100 m dicke Schicht rein diffusiv zu erwärmen. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit der windbedingten Durchmischung für die richtige Darstellung der Prozesse in der durchmischten Deckschicht. In größeren Tiefen ist die Amplitude des Modell-Jahresgangs bis zu einem Faktor 10 kleiner als in den Beobachtungsdaten. Die räumliche Struktur des Jahresgangs wird jedoch trotzdem vom Modell gut wiedergegeben. Die Schichtung in dem ausgewählten "Control Volume" hat mehrere Besonderheiten, die speziell untersucht wurden: der Kern des Mittelmeerwassers, das Subpolare und das Madeira-Mode-Wasser und die Azorenfront. Beim Mittelmeerwasserkern ergaben sich überraschende neue Ergebnisse. Die Beobachtungsdaten zeigen einen signifikanten Jahresgang in diesem Tiefenbereich, der im Modell nur sehr viel schwächer erkennbar ist. Allerdings gibt es Ähnlichkeiten zwischen Beobachtungen und Modell in der räumlichen Verteilung der Amplitude des Jahresganges. Die Vertikalschnitte auf dem Meridian 16,8°W zeigen, daß im untersuchten Gebiet sowohl im Modell wie bei den Beobachtungen ein Kern mit höherem Salzgehalt bei 36-37°N auftritt. Im Modell findet man ein schwaches Maximum des Salzhehaltes bei geringeren Tiefen von 600-800 m. Unter diesem Tiefenbereich (ab der 11. Modellschicht, d.h. tiefer 641 m) werden im Modell zur Parametrisierung des Mittelmeerwasser-Einstroms in der Nähe von Gibraltar die *- und S-Werte an den Levitus-Datensatz angepaßt. Benutzt man den in größeren Tiefen zwar schwächeren, aber trotzdem vorhandenen relativen Anstieg von S und * als Tracer, dann stimmt die Form der Ausbreitung der von Mittelmeerwasser beeinflußten Wassermassen im Modell mit der beobachteten Ausbreitung ungefähr überein. Die Untersuchung der Mode-Wasserarten ergibt wesentliche Abweichungen zwischen Modell und Beobachtungen. Das Subpolare Mode-Wasser, das in den Beobachtungsdaten lediglich durch ein über dem Mittelmeerwasser liegendes Salzgehaltsminimum angedeutet ist, ist im Modell deutlicher ausgeprägt. Dies hängt offenbar mit dem schwächeren Vorkommen des Mittelmeerwassers im Modell zusammen, das im realen Ozean das Auftreten einer homogenen Mode-Wasser-Schicht behindert. Eine dem Madeira-Mode-Wasser entsprechende Wassermasse ist im Modell stärker ausgeprägt als in den Beobachtungen. Das durch winterliche Konvektion von der Oberfläche aus gebildete Wasser erscheint im Modell im Frühjahr und Sommer deutlich bei etwa 100-200 m Tiefe und ist im Westen des Untersuchungsgebiets auch noch im Herbst zu erkennen. Durch die fehlende windgetriebene Deckschichtvermischung und die damit verbundene starke Erwärmung der Oberflächenschicht im Frühjahr ist das Madeira-Mode-Wasser im Modell durch größere Temperatur- und Dichtegradienten von der Oberfläche getrennt. In den Beobachtungsdaten ist diese Wasserart nur im Winter und Frühjahr klar erkennbar, und sie tritt nur begrenzt auf der geographischen Breite von Madeira auf. Die Azorenfront, in dieser Arbeit charakterisiert durch die Topographie der 15,5 °C-Isothermenfläche, tritt sowohl in den Beobachtungsdaten wie im Modell auf. Die Beobachtungen zeigen die Front allerdings im Winter nur andeutungsweise im westlichen Teil des Untersuchungsgebiets. Wegen der niedrigen Modelltemperaturen in diesem Tiefenbereich liegt die Isothermenfläche im Norden bei deutlich geringeren Tiefen. Im Winter erreicht die Modell-Isothermenfläche im Norden des Gebiets sogar die Oberfläche. Im Tiefenbereich zwischen 300 und 700 m findet man im Modell kein deutliches Azorenfrontsignal, weil dort im Gegensatz zu den Beobachtungsergebnissen das Subpolare Mode-Wasser dominiert.